Die Beziehung zwischen Mensch und Hund ist komplex und dynamisch. Genau wie bei zwischenmenschlichen Beziehungen, spielt Vertrauen eine zentrale Rolle. Eine anschauliche Metapher, um das Konzept des Vertrauens zu verstehen und zu pflegen, ist das Vertrauenskonto. Dieses Konzept hilft nicht nur bei der Ausbildung und dem Einsatz von Schulhunden, sondern generell bei der Förderung einer stabilen und positiven Mensch-Hund-Beziehung.
Das Bild der emotionalen Tasse
Das Bild der emotionalen Tasse dient ursprünglich als Metapher für das emotionale Wohlbefinden eines Kindes. Die Hundetrainerin Sarah Owings verwendet das Bild der emotionalen Tasse, um das emotionale Wohlbefinden eines Hundes zu verdeutlichen. Dieses Konzept beschreibt, wie verschiedene tägliche Anforderungen und Aktivitäten die emotionale Tasse eines Hundes füllen oder leeren. Soziale Kontakte, positive Erfahrungen, Sicherheit, adäquates Enrichment und Zugang zu positiven Verstärkern tragen dazu bei, die Tasse zu füllen. Stress, negative Interaktionen, Unsicherheit sowie unvorhersehbares und strafendes Verhalten hingegen leeren die Tasse.
Das Fundament einer starken Mensch-Hund-Beziehung: Ein gut gefülltes Vertrauenskonto
Ähnlich wie bei der emotionalen Tasse verhält es sich mit dem Vertrauenskonto. Stellen wir uns Vertrauen wie ein Bankkonto vor: Durch viele positive Erlebnisse und Interaktionen wird das Konto immer gut gefüllt gehalten. Dieses „Polster“ schützt die Beziehung, wenn einmal eine notwendige Abhebung vorgenommen werden muss.
Ein Beispiel für eine Abhebung vom Vertrauenskonto ist der Besuch beim Tierarzt. Muss ein Hund aufgrund einer akuten Verletzung eine unangenehme Behandlung aushalten, kann dies eine stressige und unangenehme Erfahrung sein.
Ist das Vertrauenskonto jedoch gut gefüllt, wird dieses negative Erlebnis keine nachhaltige Auswirkung auf das Vertrauensverhältnis zwischen Hund und Halter haben.
Das Vertrauenskonto in schulischen Situationen
Das Gleiche gilt für schulische Situationen: Auch wenn der Hund gut vorbereitet ist, kann er unangenehmen Situationen ausgesetzt sein. Ist unser Vertrauenskonto gut gefüllt, beeinflussen diese Situationen das Vertrauen unseres Hundes in uns nicht dauerhaft negativ.
Vertrauen ist keine Einbahnstraße
Umgekehrt gilt das Gleiche für uns: Je mehr Zutrauen wir in unseren Hund haben, desto sicherer sind wir im Umgang mit ihm. Vertrauen ist keine Einbahnstraße. Ein gut gefülltes Vertrauenskonto stärkt nicht nur den Hund, sondern auch den Menschen in seiner Rolle als verlässlichen Partner.
Wie man das Vertrauenskonto füllt
Es gibt viele Möglichkeiten, unser Vertrauenskonto zu füllen:
- Soziale Kontakte: Regelmäßige, positive Interaktionen mit Menschen und anderen Hunden fördern das Wohlbefinden und die soziale Kompetenz des Hundes.
- Positive Erfahrungen: Wir müssen dafür Sorge tragen, dass der Hund im Alltag keinem unnötigen Stress und dauerhaft Situationen ausgesetzt ist, die er nicht bewältigen kann.
- Sicherheit: Eine erwartungssichere Umgebung gibt dem Hund das Gefühl von Sicherheit. Klare Routinen, Vorhersehbarkeit und Training auf Basis positiver Verstärkung helfen, Stress zu reduzieren.
- Adäquates Enrichment: Bieten wir dem Hund angemessene geistige und körperliche Herausforderungen. Durch adäquates Enrichment fördern wir die Fähigkeit von Hunden zu Problemlösungs-Verhalten und befriedigen ihre Bedürfnisse.
- Gemeinsame Zeit: Gemeinsam verbrachte qualitative Zeit wie dem Hund entsprechenden Spaziergängen, Spieleinheiten und Kuschelzeiten stärken unsere Bindung und füllen das Vertrauenskonto.
Bewusste Beziehungspflege
Das Bild des Vertrauenskontos ist ein wertvolles Werkzeug für jede Bezugsperson von Hunden – insbesondere aber für Schulbegleithund-Teams. Es hilft dabei, die Beziehung zum Hund bewusst zu pflegen und zu stärken. Indem wir sicherstellen, dass das Vertrauenskonto im Alltag als auch in der Schule stets gut gefüllt ist, können wir sicherstellen, dass unsere Hunde auch in stressigen Situationen auf eine stabile und vertrauensvolle Beziehung zurückgreifen können und sich an uns wenden. Gegenseitiges Vertrauen ist der Schlüssel für einen gelingenden Einsatz.
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